Bäume, Wallgutschule 2024 11 26 © Harald Borges

Weißt Du, wie viel Bäumlein stehen?

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Bäume, Wallgutschule 2024 11 26 © Harald Borges

Seit den Debatten um die Pappelallee – für die einen eine Verkehrsgefährdung ersten Ranges, für die anderen jener Lichtdom, in dem sie ihre entzückende Kindheit erlebt haben, – stehen Bäume nicht mehr im Mittelpunkt der Konstanzer Debatten. Aber die Technischen Betriebe (TBK) haben sie trotzdem fest im Blick. Und die Grünen unterbreiten einen Vorschlag.

Erste Schätzungen im Freundeskreis, wie viele Bäume wohl auf dem Grund der Stadt Konstanz stünden, schwankten zwischen 500 und 1500 – Bäume sind schwer zu quantifizieren, und selbst Altangesessene wüssten kaum sicher anzugeben, wie viele Bäume auf dem Schulhof nebenan stehen. Am Ende sieht man bekanntlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr …

Jeder Baum hat eine Akte

Die Stadt hingegen darf aus den verschiedensten Gründen in ihrem Bestand nichts dem Zufall überlassen. Daher gibt es ein Baumkataster, in dem sämtliche Bäume auf städtischem Grund verzeichnet sind. Aus diesem kühlen Grunde wissen die Technischen Betriebe auch genau, wie viele Bäume in Konstanz auf städtischem Grund, also auf Schulhöfen, in Grünanlagen, auf Verkehrsflächen, in Bädern und Sportanlagen, auf Friedhöfen und wo noch überall stehen. Es sind 15.987 Einzelbäume sowie 232 Gehölzflächen, die zusätzlich mehrere tausende Einzelgehölze umfassen.

Dieses Baumkataster arbeitet auf Basis eines Geoinformationssystems, das die genaue Position der Gewächse erfasst. Außerdem werden dort alle Informationen zu jedem einzelnen Baum gebündelt. Es geht dabei nicht nur darum, die Bäume möglichst lange gesund zu erhalten, sondern auch darum, der Verkehrssicherungspflicht zu genügen, denn nichts und niemand soll durch umkippende Bäume oder abbrechende Äste zu Schaden kommen.

Zu diesem Zweck werden alle Bäume mindestens einmal pro Jahr angeschaut, und damit sind sechs eigens ausgebildete Mitarbeiter*innen sowie externe Baumpfleger befasst – das alles lässt sich die Stadt rund eine Million Euro pro Jahr kosten. Das Aufgabenspektrum deckt die gesamte Lebensspanne der Gewächse ab, von der Anpflanzung bis zum letzten Akt, der „Entnahme“.

Außerdem müssen bestimmte Bäume wie etwa die Platanen an der Seestraße beschnitten werden, andere wiederum würden angesichts des zunehmenden Klimastresses in manchen Jahren ohne künstliche Bewässerung vertrocknen; hier zeichnet sich in Zukunft ein deutlicher Mehrbedarf ab, es muss ein Bewässerungsmanagement eingerichtet werden. Derzeit geht es hierbei um Altbäume in elf Park- und Grünanlagen wie dem Herosépark und der Villa Prym.

Mehrere tausend Maßnahmen jährlich

Die TBK ziehen folgendes Resümee ihrer Arbeit: „Insgesamt wurden in 2024 bis zum Ende des 3. Quartals rund 2.000 baumpflegerische Maßnahmen angeordnet und 1.600 Maßnahmen durchgeführt. Der größte Anteil fällt auf verkehrssichernde Kronenpflegemaßnahmen wie z.B. Totholzentfernung, Lichtraumprofil und Teileinkürzungen sowie Erziehungsschnitte.“

Der Klimawandel wird sich in Zukunft verstärkt auch auf das Konstanzer Grün auswirken: „2023 mussten 131 Gehölze […] entnommen werden. In 2024 sind bis zum Ende des 3. Quartals 160 Baumentnahmeentscheidungen getroffen worden. Jungbäume wurden von den vorangegangenen Trockenperioden offensichtlich am meisten geschädigt. Dank der günstigen Witterungsbedingungen während der Vegetationsperiode 2024 mit ausreichendem Wasserangebot konnten sich aber einige der trockengeschädigten Bäume aus 2023 auch wieder erholen. Bei einem weiteren Trockenjahr in 2024 wäre mit wesentlich höheren Ausfällen zu rechnen gewesen.“

Neben der Trockenheit sind es auch Pilze, Bodenverdichtung und -versiegelung, Käfer und das Absterben der Krone durch Wind- und Schneebruch, die das Ende für einen Baum bedeuten können. Mehr Informationen zu den einzelnen Maßnahmen gibt es auf der Seite der TBK für Baumentnahmen.

In Jahrzehnten denken

Der Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss will sich am 5.12., der Gemeinderat in der kommenden Woche mit dem „periodischen Betriebsplan für die Forstwirtschaftsjahre 2025 bis 2034“ beschäftigen. Dabei haben kommunale Waldbesitzer*innen wie die Stadt Konstanz eine besondere Sorgfaltspflicht für ihre Wälder. Eine Inventur hat ergeben, dass deren Fläche mit 433 Hektar um 4 Hektar größer geworden ist und dass die Fichte Flächenanteile verloren hat, während die Buche mit 45% Anteil überwiegt. Immerhin 316 Hektar sind Naturschutzgebiete.

Meinungsverschiedenheiten gibt es in den Gremien allerdings hinsichtlich der stillzulegenden Bodenflächen. Auf solchen Flächen bleiben tote Bäume im Wald liegen, was wichtigen Lebensraum für seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten schafft. Die Stadt plant mit „24,4 Hektar, entsprechend 6% der Holzbodenfläche“. Und das ist für sie auch durchaus lukrativ: „Entsprechend der Ökokonto-Verordnung können dafür pro Quadratmeter Holzbodenfläche pauschal 4 Ökopunkte generiert werden. Für den Stadtwald bedeutet dies rund 950.000 Ökopunkte.“ Wenn man bedenkt, dass die Stadt jüngst Ökopunkte für 1,- Euro pro Stück gekauft hat (seemoz berichtete), ist das viel Holz.

Zusammen mit den „zwingend auszuweisenden Habitatbaumgruppen erweitert sich die Stilllegungsfläche um etwa 7 Hektar, damit auf rd. 8% der Holzbodenfläche“. Nach Meinung der FGL/Grünen sollte man beherzter zu Werke gehen: Sie fordern, „die Stilllegungsflächen im Rahmen das Alt- und Totholzkonzeptes auf bis zu 10% der Waldfläche auszuweisen.“ Der Verwaltung will das aber nicht so recht schmecken, weil es die fertige Planung durcheinanderbrächte, sie schlägt vor, diese Ausweitung erst mit der nächsten Planung in zehn Jahren vorzunehmen.

Wenn es um die Zukunft des Waldes geht, muss mensch in vielen Jahrzehnten denken.

Quelle: Sitzungsvorlagen 2024-0269, 2024-0312 und 2024-0318

Text: O. Pugliese; Bild: Harald Borges

3 Kommentare

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    @Steven Ries
    Vielen Dank für die ergänzende Information.
    Also, den Rückbau der „Allee“ kann man sich sparen, denn dieser Rückbau geschieht von ganz alleine: Der Zahn der Zeit nagt doch bereits sehr erfolgreich an dieser „Allee“, sodass in ein paar Jahren der Urzustand hergestellt sein dürfte.
    Und die Beleuchtung abzubauen, wird sicher die zahlreichen – insbesondere die „weiblich gelesenen“ – Nutzenden sehr erfreuen, weil dadurch das Sicherheitsgefühl in der Dämmerung und Dunkelheit gesteigert werden dürfte. Auch würde dadurch die Möglichkeit verbessert werden, dass nicht angeleinte Hunde die Menschen unerwartet – weil ungesehen – freudig begrüßen können.

  2. Steven Ries

    // am:

    Noch ein Nachtrag zum Spitals-Wald: Die Grünen haben im Spitals-Ausschuss aus Naturschutzgründen beantragt, den Rückbau des Asphaltbelags der Fontainebleau-Allee zu prüfen. Die Spitalstiftung will jetzt eine Analyse erstellen. Außerdem wollen die Grünen die Beleuchtung an der Fontainebleau-Allee abbauen. Das will die Verwaltung aber nicht, weil dort das Licht eh nur bei einigen wenigen Veranstaltungen eingeschaltet wird, wo man es für die Sicherheit braucht, weil eine Veranstaltung im Stadion ist.

  3. O. Pugliese

    // am:

    Auch die Konstanzer Spitalstiftung verfügt übrigens wie die Stadt über erheblichen Waldbesitz: Derzeit sind es 164 Hektar (davon 154 Hektar Holzbodenfläche), bewachsen zu 72% mit Laub- und zu 28% mit Nadelbäumen, wobei auch hier die Buche 53% des Gesamtbestandes ausmacht und der Fichtenbestand zurückgegangen ist. Das Potenzial für Flächenstilllegungen wird auf rund 7,7 ha = 5 % geschätzt.

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