Vonovia Baustelle Schwaketenstraße 30.11.2020 © J. Geiger

Wenn’s im Schlafzimmer blinkt und funkt

Ein Kommentar

Vonovia Baustelle Schwaketenstraße 30.11.2020 © J. Geiger

250 Mieterhaushalte des Vonovia-Konzerns in der Konstanzer Schwaketenstraße haben kürzlich eine weitere Modernisierungsankündigung erhalten. Europas größter Wohnungskonzern will in den Wohnungen die vorgeschriebenen Rauchmelder durch neue Geräte ersetzen. Doch die Sache hat einen Haken …

Es sollen nicht etwa die Rauchmelder ersetzt werden, die nach zehn Jahren das Ende ihrer technischen Lebenszeit erreicht haben. Vonovia plant vielmehr neuartige „Multisensor plus“-Geräte einzubauen und will die Kosten von den Mieterinnen und Mietern über eine Mieterhöhung zurückholen. Auch die laufenden Betriebskosten der neuen Rauchmelder werden steigen. Der Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds Bodensee, Winfried Kropp, kritisiert die Pläne als unwirtschaftlich. „Wir raten allen Mieterinnen und Mietern, einer solchen Baumaßnahme zu widersprechen.“

Konstanz ist kein Einzelfall: In ganz Baden-Württemberg, aber auch in Hessen, haben Vonovia-Mieter entsprechende Briefe erhalten. Dort, wo die neuen Geräte bereits eingebaut wurden, berichten Mieterinnen und Mieter von blinkenden Geräten im Schlafzimmer. Winfried Kropp sieht vor allem die Persönlichkeitsrechte der Mieter und Mieterinnen verletzt. Denn die „Multisensor Plus“-Geräte warnen nicht nur vor Rauchentwicklung, was ihre Aufgabe wäre. Sie sammeln auch Daten über das Raumklima, z.B. Temperatur und Luftfeuchtigkeit, und senden diese regelmäßig an die Datenverarbeitungsanlagen des Konzerns. Zwar können Mieterinnen und Mieter einer Speicherung dieser Daten widersprechen. Doch der Mieterbund sieht auch in der bloßen Installation eines Geräts, das Daten an das Unternehmen senden kann, einen Verstoß gegen grundlegende Prinzipien des Datenschutzes. „Wir haben daher den Landesbeauftragten für Datenschutz, Tobias O. Teber, eingeschaltet und um eine Prüfung des Vorhabens gebeten,“ sagte Kropp.

„Wir raten allen Mieterinnen und Mietern dringend davon ab, die von Vonovia versandte Datenschutzerklärung zu unterschreiben. Vonovia möchte Daten zum Raumklima für drei Jahre speichern und kann so Rückschlüsse über Lüftungsverhalten und Anwesenheit der Mieterinnen und Mieter ziehen. Doch die Temperatur im Wohnzimmer oder die Luftfeuchtigkeit im Schlafzimmer gehen den Vermieter nichts an. Da die Geräte auch Daten speichern, wenn die Erklärung nicht unterschrieben wird, stellen sie einen unrechtmäßigen Eingriff in die Privatsphäre der Mieterinnen und Mieter dar,“ sagte Kropp.

Was kosten die neuen „Multisensor Plus“-Geräte? Pro installiertem Rauchmelder werden etwa 136 Euro fällig. Werden drei davon verbaut, entstehen Gesamtkosten von etwa 407 Euro. Von diesen wären die Instandhaltungskosten, also der Austausch der Altgeräte, in Höhe von etwa 20 Euro abzuziehen. Von den verbleibenden 387 Euro dürfen acht Prozent auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Die monatliche Moderniserungsumlage beträgt in diesem Fall 2,58 Euro pro Monat. Hinzu kommen noch laufende Wartungskosten von monatlich etwa 30 Cent je Rauchmelder, da diese alle 14 Tage einem Funktionstest per Fernwartung unterzogen werden sollen. „Multisensor plus ist überflüssig und unwirtschaftlich,“ sagt Winfried Kropp. Damit treibe Vonovia nur die Kosten des Wohnens in die Höhe, doch eine echte Wohnwertverbesserung hätten die Mieterinnen und Mieter dadurch nicht.

Trotz der überschaubaren Beträge seien die neuen Geräte für den Vonovia-Konzern ein gutes Geschäft. Bei 480.000 Mietwohnungen, die dem Unternehmen in Deutschland gehören, kommt in der Summe ein stattlicher Millionenbetrag an erhöhten Mieten zusammen. „Vonovia bleibt sich also treu: Es geht nur darum, Modernisierungskosten zu verursachen und sie auf die Mieter umlegen zu können. Wir fordern das Unternehmen auf, die angebliche Modernisierung zu stoppen und die veralteten Rauchmelder durch kostengünstige, gleichwertige Modelle auszutauschen, wie es der gesetzlichen Instandhaltungspflicht entspricht,“ erklärte Winfried Kropp.

Text: MM, Bild: Jürgen Geiger

Ein Kommentar

  1. M. Oehlschläger

    // am:

    Kleine Ergänzung zum Artikel. Die Daten der Melder werden wie beschrieben drei Jahre personenbezogen gespeichert. Danach werden sie anonymisiert und weiter bei der Vonovia gespeichert.
    Wie lange diese Daten wirklich gespeichert werden und wie einfach diese wieder deanonymisierbar sind, ist nicht bekannt.
    Dazu kommt, dass die Vonovia anhand der Daten Rückschlüsse über das individuelle und alltägliche Wohnverhalten seiner Mieter:innen ziehen kann.
    Sehr einfach sind Rückschlüsse, wer ist wann zuhause. Daten, die auch Kriminelle brennend interessieren. Die Funkübertragung der Melder Daten an eine Zentrale im Haus kann leicht abgefangen und ausgewertet werden. Von dort gehen sie über den Dienstleister Techem an die Vonovia. Die Daten gehen durch viele Hände, daher ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
    Selbst wenn die Mieter:innen der Verarbeitung der Daten wiedersprechen, werden diese aufgezeichnet und 48 Stunden im Melder gespeichert.
    Eine Garantie bekommt man natürlich nicht, dass die Daten nicht doch absichtlich oder unabsichtlich verarbeitet werden oder sich Dritte auf die Daten im Melder Zugriff verschaffen können.
    Diese Praxis verstößt gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Dort gibt es das Prinzip der Datenminimierung. Daten die nicht benötig werden, sollen nicht aufgezeichnet werden. Denn Daten die nicht erhoben werden, können auch nicht missbräuchlich verwendet werden.

    Dass es der Vonovia nicht um die Sicherheit der Mieter und Mieterinnen, sondern lediglich um ihren Profit geht, sieht man auch an folgenden Beispielen.

    Die Vonovia preist die zusätzliche Funktion einer Kohlenmonoxid Warnung an. Die Konstanzer Vonovia Häuser verfügen aber weder über Gasthermen oder Gasherde noch über offene Kamine, wo eine Kohlenmonoxid-Warnung sinnvoll wäre.
    Außerdem werden die Melder an der Decke angebracht. Kohlenmonoxid Melder sollten aber in etwa in der Höhe angebracht werden, wo sich der Mensch üblich aufhält.
    Also im Schlafzimmer etwa auf Höhe des Kopfteils des Bettes, im Wohnzimmer etwa auf der Höhe wie man auf dem Sofa sitzt.
    Da Kohlenmonoxid ein farb- und geruchsloses Gas ist, welches etwa gleich schwer wie Luft ist, verteilt es sich gleichmäßig im Raum.
    Bei der Montage an der Decke kann es passieren, dass es länger dauert, bis eine entsprechende Konzentration am Melder ankommt. Bis er auslöst, können die Bewohner:innen eventuell schon tot in ihren Wohnungen liegen.
    Böse gesprochen für die Vonovia auch ein Gewinn, denn dann kann sie die Wohnung teurer weitervermieten.
    Auch die, wie im Artikel beschrieben, 14-tägige Funktionsprüfung dient lediglich der Gewinnerzielungsabsicht der Vonovia. Die DIN empfiehlt eine Prüfung pro Jahr.
    Sollten die Geräte eine so hohe Ausfallquote haben, die eine 14-tägige Funktionsprüfung nötig macht, dann sind die Geräte schlicht Elektroschrott und sollten ohnehin nicht in Wohnungen verbaut werden.

    Auch der Nutzen der Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsdaten darf angezweifelt werden.
    Vonovia preist die Melder damit an, dass man in der Vonovia App diese Daten sieht und man so sein Lüftungs- und Heizverhalten verbessern könne.
    Bei näherer Betrachtung kommen in der App aber lediglich gemittelte Daten von vor 24 Stunden an. Was mir das als Mieter:in bringen soll, bleibt das Geheimnis der Vonovia.
    Mit der gemittelten Temperatur und der gemittelten Luftfeuchtigkeit von vor einem Tag kann ich wenig anfangen.
    Jegliche Thermo- und Hygrometer Kombination aus dem Baumarkt für 20€ kann mehr leisten. Sie zeigt mir den optimalen Bereich zwischen Temperatur und Luftfeuchtigkeit an und die Daten sind in Echtzeit verfügbar. Sie sind weder gemittelt noch haben sie einen Versatz von 24 Stunden wie bei der Vonovia und ich muss keine monatliche Gebühr für das Gerät und dessen unnötiger Funktionsprüfung entrichten.

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