Am Dienstag dieser Woche debattierte der Singener Gemeinderat über die Entwicklung der Mietpreise – und lehnte mit 21 zu 11 Stimmen einen Antrag zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels ab. Das Stadtparlament folgte damit der Argumentation von Vermieter:innen und Immobilienkonzernen, die sich einer neuen Erhebung widersetzten.
„Das ist eine Entscheidung gegen die Singener Mieterinnen und Mieter“, kritisierte der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Winfried Kropp, den Beschluss des Gemeinderats. Offenbar wolle die Mehrheit des Gemeinderats weniger Transparenz auf dem Wohnungsmarkt, schreibt der Mieterbund in einer Pressemitteilung. „Den Preis dafür werden ab 2026 die Mieterinnen und Mieter bezahlen müssen.“ In Singen wohne die Mehrheit der Menschen zur Miete. „Ihre Interessen werden von der Gemeinderatsmehrheit in Singen ignoriert.“
Der Mieterbund Bodensee weist allerdings darauf hin, dass der jetzige Ratsbeschluss noch nicht das Ende des Mietspiegels bedeute. Die bisherige Datensammlung gelte weiter bis Ende Februar 2026 als „qualifiziert“. Diese Daten könnten also im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Mieterhöhungen als vorrangiges Beweismittel herangezogen werden. Und selbst nach diesem Termin böten die Daten bessere Orientierungshilfen als alle anderen Quellen.
Dennoch wäre eine neue Erhebung besser gewesen. Und zwar auch deswegen, weil – so heißt es in der Begründung zum Antrag – „insbesondere von Seiten der Vermieter die Ergebnisse der statistischen Auswertung der Daten, die zur Erstellung des Mietspiegels herangezogen worden sind, angezweifelt wurden“.
Fünf Prozent im Jahr
Dagegen betont der Mieterbund Bodensee in seiner Presseerklärung, dass die Wohnungsmieten für den bisherigen Singener Mietspiegel ausgewertet und durch eine sorgfältige Befragung ermittelt wurden. Dies unterscheide den Mietspiegel beispielsweise von „überhöhten Durchschnittswerten“, die Immobilienportale wie immowelt oder immoscout regelmäßig veröffentlichen.
Der Mieterbund verweist auf die Daten des Zensus, die die Messergebnisse des Mietspiegels eindeutig bestätigt haben. So betrug die Durchschnittsmiete Singen am Stichtag 15. Mai 2022 7,81 Euro. Ein Jahr später lag der Durchschnittswert bei 8,23 Euro – eine Steigerung von etwa fünf Prozent. „Diese Differenz ist bei Daten, die ein Jahr später erhoben wurden, plausibel“, schreibt Kropp.
Außerdem dürfe bei der ortsüblichen Vergleichsmiete nur die Mietpreise einbezogen werden, die in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder erhöht wurden. „Wer behauptet, dass die Mietspiegel-Daten zu niedrige Mieten ausweisen, täuscht die Öffentlichkeit“, heißt es in der Presseerklärung des Mieterbunds.
Er macht auch darauf aufmerksam, dass in Singen weiterhin die Mietpreisbremse gilt. Diese lege fest, dass die Miete bei einer Neuvermietung maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Bei Verstößen dagegen müssten Vermieter die zu viel bezahlte Miete zurückerstatten. Der Mieterbund hilft Mieterinnen und Mietern, diesen gesetzlichen Anspruch durchzusetzen.
Dem Mieterbund Bodensee gehören in Singen und Umgebung etwa 1500 Mitglieder an. Sie erhalten vom Verband kostenlose Rechtsberatung im Mietrecht, Mietrechtsschutz und wirkungsvolle Interessenvertretung.
Text: Mieterbund Bodensee / Foto (Blick auf Singen vom Hohentwiel): Pit Wuhrer
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