Die zwischen Friedrichshafen und Romanshorn eingesetzte Motorfähre (MF) Euregia wird nach 28 Dienstjahren ausrangiert. Um den Betrieb fortzusetzen, bedürfte das Schiff umfangreicher Investitionen. Das erscheint den Eigentümerinnen, den Bodensee-Schiffsbetrieben GmbH (BSB) und der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt AG (SBS), als wirtschaftlich nicht tragbar.
Dies bedeutet, dass in Zukunft während der Wartung der Fähren Romanshorn und Friedrichshafen im Winter für einen Zeitraum von vier Monaten ein Zweistundentakt für Motorfahrzeuge eingeführt wird. Für Passagiere und Fahrräder bleibt der gewohnte Fahrplan, im Stundentakt alternierend mit einem Kursschiff und einer Fähre, bestehen. Die Fährverbindung zwischen Friedrichshafen und Romanshorn gibt es seit 1869. Die ersten Jahrzehnte wurden vor allem Eisenbahnwaggons übergesetzt, erst 1976 wurde dieser Trajektverkehr aufgegeben.
Der politische Wille, einen ganzjährigen Stundentakt einzuhalten, mündete in den 1990er Jahren in die Entscheidung, eine dritte Fähre zu bauen. Bis dahin verkehrte die Fähre im Winter nur im Zweistundentakt, da jeweils eines der beiden Fährschiffe in der Werft überholt wurde. Die Deutsche Bahn und die Schweizerischen Bundesbahnen verpflichteten sich damals, für 25 Jahre eine dritte Fähre zu betreiben. Baden-Württemberg, Bayern, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau und Vorarlberg übernahmen die Hälfte der Beschaffungskosten in Höhe von 14,4 Millionen Deutschen Mark. Im Juli 1996 wurde die Euregia in Betrieb genommen.
Veränderte Rahmenbedingungen
Zeitweise waren nun alle drei Fährschiffe im Einsatz, um der hohen Transportnachfrage von jährlich bis zu 25.000 Lkw gerecht zu werden. „Früher gab es kaum eine Fähre, die nicht mindestens vier bis sechs Lastzüge geladen hatte“, sagt BSB-Geschäftsführer Frank Weber. Vor dem Ausbau der Autobahnen in Richtung Bodensee nutzten die Motorfahrzeuge häufig die Route über die B33 von Ulm nach Friedrichshafen und weiter in die Schweiz per Fähre. Auch die Zollabfertigung am Fähranleger trug zur Attraktivität der Route bei.
Wenige Jahre nach der Inbetriebnahme der Euregia gingen die lukrativen LKW-Transporte jedoch zurück. Gründe hierfür waren der Wegfall der 28-Tonnen-Gewichtsbegrenzung in der Schweiz, wodurch das Umladen von 40-Tonnen-LKWs in Romanshorn entfiel, sowie die Abschaffung der Ökopunkte in Österreich.
Heute nutzen nur noch rund 5000 Lkws im Jahr die Fähre. „Die Speditionen suchen sich die günstigsten Wege über Autobahnen und Zollübergänge“, so Frank Weber. Auch die Personen- und Pkw-Transporte sind zurückgegangen. Fuhren früher 60.000 bis 70.000 Pkw pro Jahr über den Bodensee, sind es aktuell nur noch rund 45.000.
Die „Euregia“
Die Konstruktion der Euregia musste ganz speziellen Erfordernissen genügen, die dem Schiff nun zum Verhängnis wurden. Die kurvige Hafeneinfahrt in Friedrichshafen begrenzte die Länge, die vorhandene Fährbrücke limitierte die Breite. Der Tiefgang war durch die Einfahrt nach Friedrichshafen begrenzt. Um dennoch eine höhere Tragfähigkeit zu erreichen, wurde das Volumen der Fähre vergrößert, was allerdings den Widerstand im Wasser erhöhte. Damit lag der Treibstoffverbrauch des dieselelektrischen Antriebs um ein Drittel höher als bei den Fähren Friedrichshafen (Baujahr 1966) und Romanshorn (Baujahr 1958). Deren Motoren wurden vor knapp zehn Jahren ausgetauscht.
Kein wirtschaftlicher Betrieb
Durch die geringe Nachfrage in den Wintermonaten lohnt sich der Betrieb der spritfressenden Euregia nicht mehr. „Besonders in den Randzeiten fährt die Fähre häufig nahezu leer“, sagt Frank Weber. SBS-Chef Benno Gmür ergänzt: „Es ist kaum noch möglich, Ersatzteile für die Fähre aufzutreiben, da sie von der Industrie nicht mehr angeboten werden. Die Zuverlässigkeit ist nicht mehr gegeben und eine umfassende Sanierung der Fähre würde mehr als 2,5 Millionen Franken kosten.“
Noch bleibt die Euregia aufgrund bestehender Verträge im Wasser und wird im nächsten Sommer letztmals als Partyschiff genutzt. Parallel dazu wird geklärt, ob die Euregia künftig in anderer Funktion verwendet werden kann oder im Winter 2025/26 abgewrackt wird. Der Kanton Thurgau, das „Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg“ und die „Internationale Bodensee-Konferenz (IBK)“ wollen zudem eine Studie in Auftrag geben, die Empfehlungen für das künftige Angebot zwischen Friedrichshafen und Romanshorn erarbeiten soll.
Für Fußgänger:innen und Radfahrende ändert sich nichts
In den Wintern 2022/23 und 2023/24 kam es wegen technischer Störungen an der Euregia bereits teilweise über mehrere Wochen zum Zweistundentakt. Dies soll nun in den kommenden Monaten fix so sein. Während die Fährverbindung im Sommer wie gewohnt aufrechterhalten werden kann, wird es im Winter von Mitte November bis Mitte März, wenn die Friedrichshafen oder die Romanshorn in die Werft müssen, einen Zweistundentakt für Fahrzeuge geben: erstmals vom 16. November 2024 bis 15. März 2025.
Dank eines Ersatzschiffs bleibt der stündliche Takt für den Personen- und Fahrradverkehr bestehen, für die Fahrgäste ohne Motorfahrzeug ändert sich also nichts. In den Sommermonaten ist hingegen die Nachfrage mit Motorfahrzeugen eine andere. Die beiden Unternehmen setzen daher für die Zukunft auf eine tragfähige Lösung mit einer attraktiven Verbindung und haben in die bestehenden Fähren Friedrichshafen und Romanshorn investiert.
Text: MM/rrb
Fotos: SBS Schifffahrt AG
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