Auch in mancherlei Kleinigkeiten unterscheidet sich das Leben in Konstanz und Kreuzlingen. Während die Pilzkontrolle in Konstanz immer ein Ehrenamt war und irgendwann in den 1990ern vom Wochenmarkt verschwand, gibt es in Kreuzlingen noch immer eine von der Stadt organisierte Pilzkontrolle. Oberster Pilzkontrolleur ist dort ein Konstanzer.
Noch bis 27. Oktober kann jeder seine gesammelten Pilze jeweils donnerstags und sonntags von 18:00 Uhr bis 19:00 Uhr im Café des Begegnungszentrums Trösch, Hauptstraße 42, vorbeibringen und auf Genießbarkeit prüfen lassen. Für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ist diese Dienstleistung kostenlos. Personen mit Wohnsitz in Deutschland wird ein Unkostenbeitrag in Höhe von zehn Schweizerfranken oder zehn Euro verrechnet.
Früher war die Pilzkontrolle in der Schweiz eine im Lebensmittelgesetz geregelte landesweite Pflichtaufgabe. Mit dem Leitgedanken, die Verwendung von Lebensmitteln zum Eigengebrauch nicht zu reglementieren, wurde das Sammeln von Pilzen für die private häusliche Verwendung 1992 vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Man appellierte stattdessen an die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten. In der Folge hoben einige Kantone aus Spargründen alle Pilzkontrollstellen auf. Im Thurgau obliegt die Pilzkontrolle nun den Gemeinden.
„Ernährung aus dem Wald“
In Deutschland sind Pilzberatungsstellen freiwillige, nicht-hoheitliche Einrichtungen und bedürfen keiner behördlichen Zulassung. Die Bezeichnung „Pilzberater“ ist nicht geschützt. Nur ausnahmsweise, etwa in Leipzig, gibt es noch eine öffentliche Pilzberatung als freiwillige Leistung der Kommune.
Anders in der ehemaligen DDR. Dort gab es eine amtliche Pilzberatung in der Tradition des Dritten Reichs, wo der Reichsnährstand im Zuge der Autarkiebestrebungen auch die „Ernährung aus dem Wald“ propagierte.
Ein „Schwabe“ in Kreuzlinger Diensten
Zurück nach Kreuzlingen. Oberster Pilzkontrolleur ist dort seit 2017 mit Uwe Winkler – ein Konstanzer! Er wird unterstützt von zwei Stellvertreterinnen, Monika Engeler aus Märstetten und Doris Tuchschmid aus Wagerswil.
Seit Oktober 2006 ist Winkler Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, dort inzwischen auch Ausbilder und Prüfer bei der Zertifizierung von Sachverständigen und Ansprechpartner für die Giftnotrufzentrale Freiburg. Seine Schweizer Prüfung zum amtlichen Pilzkontrolleur hat er 2017 bestanden.
Dass auch Pilze aus deutschen Wäldern in Kreuzlingen begutachtet werden, scheint mir ebenso sympathisch wie die Bestellung eines „Schwaben“ zum Kreuzlinger Pilzkontrolleur. Noch sind Schengen und Europa nicht verloren!
Exkursion: Die wundersame Welt der Pilze. So., 20. Okt., 9:30 Uhr. Treffpunkt Parkplatz N 1 bei der Kapelle Bernrain. Die Exkursion bietet Einblicke in die Mannigfaltigkeit der Pilze im Wald und die Funktionen, die sie erfüllen. Anschließendes Grillieren bei der Feuerstelle am Forsthaus Bärenhölzli (fakultativ). Es werden keine Pilze für den Eigengebrauch gesammelt.
Text: Ralph-Raymond Braun; Bild: Pilzkontrolleure © Stadt Kreuzlingen
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