Das Magazin Stern ließ das Vergleichsportal verivox die Energiepreise untersuchen. Ergebnis: Sowohl beim Strom wie beim Gas zählen die Stadtwerke Konstanz (SWK) in der Grundversorgung für Privatkunden zu den zehn teuersten von 200 untersuchten Anbietern. Auch Kund:innen mit Jahresverträgen zahlen bei den SWK deutlich mehr als bei der Konkurrenz.
Beim Strom sind die SWK nach den Stadtwerken Schweinfurt der zweitteuerste Energieversorger. Deutschlandweit werden etwa 24 Prozent der Haushalte in der Grundversorgung beliefert, weitere 37 Prozent haben einen Vertrag mit dem örtlichen Lieferanten. Genaue Zahlen für Konstanz wollen uns die SWK aus Wettbewerbsgründen nicht nennen, verweisen aber darauf, dass der Anteil der Vertragskund:innen deutlich über dem Bundesdurchschnitt liege, „dank der hohen Loyalität unserer Kundinnen und Kunden sowie dem guten Produktportfolio und Service der Stadtwerke“.
Für eine Kilowattstunde (kWh) Strom verlangen die SWK in der Grundversorgung 53,5 Cent, beim Vertrag Ökostrom Fix mit Preisbindung bis Jahrsende 48,5 Cent. Zum Vergleich: In Radolfzell kostet die Grundversorgung 39,3 Cent/kWh, Ökostrom mit Preisbindung 36,2 Cent/kWh. Bei bundesweit aktiven Stromanbietern, darunter auch Stadtwerke, sind für Ökostrom-Jahresverträge ungefähr 30 Cent/kWh üblich.
Erdgas kostet bei den SWK in der Grundversorgung 18,5 Cent/kWh, mit Vertrag Erdgas Fix 16,3 Cent. Ab Oktober, so die Ankündigung, müssen Kund:innen in der Grundversorgung nur noch 13,1 Cent für die Kilowattstunde bezahlen, solche mit Vertrag 12,6 Cent. Auch hier wieder der Vergleich mit Radolfzell: Die Grundversorgung kostet dort derzeit 15,5 Cent/kWh, mit Jahresvertrag 13,9 Cent/kWh. Bei bundesweit aktiven Gasanbietern sind für Jahresverträge ungefähr 10 Cent/kWh üblich. Wobei man den SWK zugute halten muss, dass ihr Grundpreis um etwa 100 Euro/Jahr unter den bundesweiten Angeboten liegt.
Wie sich der Strompreis zusammensetzt
Interessant ist auch ein Blick auf die Zusammensetzung des Strompreises, den die Verbraucher:innen bezahlen müssen. Im Bundesdurchschnitt entfallen davon 29 Prozent auf Steuern, Abgaben und Umlagen, 28 Prozent auf staatlich regulierte Netzentgelte und nur die restlichen 43 Prozent auf die Strombeschaffung samt Vertriebskosten und Gewinn.
Die SWK geben in einer Musterrechnung 27 Prozent für Steuern, Abgaben und Umlagen, 20 Prozent für Netzentgelte und 53 Prozent Einkauf, Vertrieb und Gewinn an.
Für Energieversorger wie die SWK gibt es im Wesentlichen zwei Marktplätze für die Strombeschaffung. Der kleinere Teil geht über ist die Strombörse EEX in Leipzig, der größere wird als außerbörslicher OTC-Handel (Over the Counter-Handel) abgewickelt. Diese bilateralen Geschäfte vermittelt entweder ein Broker, oder sie werden direkt zwischen Anbieter und Käufer verhandelt und sind nicht öffentlich einsehbar. Hier wie da können kurzfristige wie langfristige Lieferverträge abgeschlossen werden, ebenso Terminkontrakte auf Liefertermine in der Zukunft.
Guter Zuwachs an PV-Anlagen
Eigene Großkraftwerke besitzen die SWK nicht, lediglich kleinere, gasbetriebene Blockheizkraftwerke, die außer Wärme auch Strom produzieren. Dazu sind sie über Gesellschaftsanteile an der Innkraft Bayern an Wasserkraftwerken entlang der Inn beteiligt, die mehrheitlich Österreichs größtem Energieerzeuger Verbund AG gehören. Weiter decken Photovoltaikanlagen inzwischen 11 Prozent des gesamten Stromverbrauchs im Netzgebiet. Hier gab es 2023 einen satten Zuwachs von 20,6 auf 27,0 Megawatt-Peak installierter Einspeiseleistung.
Diese PV-Anlagen auf Hausdächern, an Balkonen und ausnahmsweise auch auf Freiflächen gehören ganz überwiegend privaten Betreiber:innen, die damit dank Eigenproduktion weniger Strom aus dem Netz beziehen müssen. Stadtwerke-Chef Gordon Appel: „Der Krieg in der Ukraine hat die Solaroffensive fast zum Selbstläufer gemacht.“
Zwei-Klassen-Gesellschaft der Energieversorger
Die SWK verfolgen wie wohl alle Grundversorger eine langfristige Beschaffungsstrategie und kaufen Strom und Gas bis zu 20 Monate im Voraus ein. Andere Stadtwerke vereinbaren Energielieferungen gar bis zu drei Jahre im Vorhinein. Wer langfristig einkauft, ist bei steigenden Großhandelspreisen im Vorteil.
Nach einem Tief im Jahr 2020 stiegen die Preise an der Strombörse mit der Energiekrise zu Beginn des russisch-ukrainischen Kriegs ab 2022 um das Fünfzehnfache auf bis zu 500 Euro pro Megawattstunde. Seither hat sich der Markt wieder beruhigt, die Preise sind etwa auf das Niveau von 2021 gesunken. Von sinkenden Preisen profitiert, wer sich kurzfristig eindeckt.
Seit der Liberalisierung des Energiemarkts können die Kund:innen Strom und Gas kaufen, bei wem auch immer sie wollen. Bei den Anbieter:innen hingegen herrscht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Hier solche wie die SWK, die zugleich Netzbetreiber und damit Grundversorger sind, also im Notfall alle, die in ihrem Versorgungsgebiet auf Strom und Gas angewiesen sind, damit beliefern müssen. Dort die freien Lieferanten ohne eigenes Netz, die bei günstigen Marktpreisen Kund:innen der Grundversorger mit Billigangeboten abwerben, während der Energiekrise 2022 aber dann die Verträge kündigten oder gar Konkurs machten.
Fallen diese Kund:innen dann massenhaft in die Grundversorgung durch ihren Netzbetreiber, muss der den dafür zusätzlich benötigten Strom zu Spitzenpreisen einkaufen.
Kreuzlingen springt ab
Zurück zu den hohen Preisen der SWK. Wären diese allein einer besonders langfristigen Beschaffungsstrategie geschuldet, hätten die Stadtwerke 2022 und 2023 aufgrund frühen Einkaufs den Strom noch günstig anbieten können. Haben die Stadtwerke aber nicht, sondern waren auch in der Vergangenheit stets in der oberen Preisklasse. An den Einkaufspreisen kann’s also nicht liegen. Ein Blick in die Bilanz zeigt: Die SWK sind beim Verkauf von Strom und Gas so teuer, weil sie es sich leisten können, fetten Gewinn einzustreichen. Denn die allermeisten Kund:innen bleiben ihnen trotz der Hochpreispolitik treu.
Der Gewinn aus dem Verkauf von Strom und Gas stieg innerhalb eines Jahres (2022–2023), von 2,1 Millionen Euro auf 5,5 Millionen Euro. Die verkaufte Menge blieb beim Strom mit rund 177 Gigawattstunden (GWh) in etwa gleich, es sind also nicht massenweise Kund:innen zu anderen Anbietern abgewandert.
Beim Gas ging der Absatz gegenüber 2022 um etwa 30 Prozent auf 518 GWh zurück. Verantwortlich dafür ist zum großen Teil der Wegfall des bislang größten Kunden, der Energie Kreuzlingen – ein kommunaler Eigenbetrieb, der neben Kreuzlingen auch die Nachbardörfer Tägerwilen und Lengwil mit Gas versorgt.
Von 1869 bis 1937 und dann wieder ab 1957 kaufte Kreuzlingen sein Gas in Konstanz. Mit dieser Tradition ist nun Schluss. Zwar kommt das Kreuzlinger Gas physisch noch immer über eine Leitung aus Konstanz, aber eingekauft wird es anderswo. Zu den Gründen schreibt uns Energie Kreuzlingen ziemlich nichtssagend: „Die Marktsituation hat sich geändert und uns gezwungen, die Bilanzierung und Beschaffung neu auszurichten.“
Man kaufe jetzt über einen in der Schweiz ansässigen Erdgashändler. Die Stadtwerke Konstanz indes beschwichtigen. Man habe zuletzt nur gegen eine geringe Bearbeitungsgebühr das Portfolio, also den Einkauf, für Kreuzlingen gemanagt. Der Abgang dieses Großkunden habe deshalb den Gewinn aus dem Gasgeschäft kaum gemindert.
Hochpreise zugunsten des Roten Arnolds
Sind 5,5 Millionen Euro Gewinn aus dem Energieverkauf nicht unmoralisch hoch, zumal für ein Unternehmen, das dem Gemeinwohl verpflichtet sein sollte? So dachte ich vor meiner Recherche. Inzwischen bin ich anderer Meinung. Denn die Stadtwerke schütten diesen Gewinn ja nicht an irgendwelche Aktionär:innen aus, sondern decken damit das etwa gleich hohe Defizit ihres Busbetriebs. Das Surplus bleibt also in der Stadt und dient dem Gemeinwohl.
Wäre übrigens im letzten Jahr der geplante Teilverkauf an die Thüga durchgegangen wie von Stadtwerkechef Norbert Reuter und Oberbürgermeister Uli Burchardt geplant (seemoz berichtete), ginge ein Viertel des Gewinns an die Thüga und die Stadtkasse müsste dieses Geld, immerhin 1,4 Millionen Euro, dem Busbetrieb zuschießen.
Wer es sich ungeachtet der Empfehlungen von Verbraucherschützer:innen und Vergleichsportalen also leisten kann, weiter Hochpreis-Energie von den Stadtwerken zu beziehen, tut damit Gutes. Und unterstützt die Verkehrswende.
Text: Ralph-Raymond Braun
Fotos: Pit Wuhrer
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