Mahnwache Marktstätte 22.06.2024 © Rettet Gaza

Die unbekannte Straße

3 Kommentare

Mahnwache Marktstätte 22.06.2024 © Rettet Gaza
Mahnwache Marktstätte 22.06.2024 © Rettet Gaza

Am vergangenen Samstag folgten etwa 50 Menschen dem Aufruf der Gruppe „Rettet Gaza“ auf die Marktstätte, um anlässlich des kürzlich stattgefundenen Weltflüchtlingstages darauf hinzuweisen, dass weltweit deutlich über 100 Millionen Menschen auf der Flucht sind.

Palästina ist eines der Länder, das seit Jahrzehnten unter Besatzung, Unterdrückung und Militärinvasionen leidet. Seit der Nakba 1948 gibt es fast 6 Millionen registrierte palästinensische Geflüchtete, über 1,5 Millionen davon leben seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern in der Region. Viele der Menschen, die während der Nakba 1948 fliehen mussten, flohen damals nach Gaza. Heute ist Gaza nahezu vollständig zerstört, die meisten Einwohner:innen Gazas sind intern auf der Flucht, immerzu verfolgt von israelischen Bombardements, die auch vor Flüchtlingslagern nicht haltmachen.

Najwa Juma ist eine der vielen Palästinenser:innen, die diese Geschichte teilen. Sie ist eine palästinensische Schriftstellerin, Lehrerin, Frauenrechtsaktivistin und Übersetzerin. Geboren 1978 im Gazastreifen, studierte sie nach ihrem Bachelor-Abschluss in Englischer Literatur Pädagogik und arbeitete 13 Jahre lang als Lehrerin. Ihre Arbeiten wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Im Jahr 2022 reiste sie mit einem Jean-Jacques-Rosseau-Stipendium nach Stuttgart und bittet seitdem in Deutschland um Asyl, bisher ohne Erfolg.

Inmitten des Asylbewerbungsverfahrens schrieb Najwa Juma ein Gedicht „Die unbekannte Straße“ das ihre Geschichte erzählt. Es handelt von der Flucht vor den Bomben, der Dunkelheit, die das Tageslicht verdrängt, und der Hoffnung, eines Tages frei von dem Titel ‚Flüchtling‘ zu leben. Dieses Gedicht präsentierte sie auch am Samstag auf der Mahnwache, als eindrucksvolle Erinnerung daran, welche Geschichten hinter den Zahlen der Zerstörung stecken.

The Unknown Road (Original)

Away from destruction, drones and missiles,
Still I could hear the warning whistles,
Still I fear F16’s losses and bereavement
When life died by aerial bombardment
Darkness covered the daylight insolently
Eyes of the world got blind completely
From beneath the rubble I had to see
A safe place for which I could flee,
So I walked the unknown road
I needed light to carry my load
But light is far at the end of the way
And the past stumbles my feet away
Shall I stop, return, or go on fast
Some hanging hope, all that last
To spread my wings and fly without boundary
To live the rest of life without the title, ‚refugee‘!

Die unbekannte Straße (Übersetzung)

Weg von Zerstörung, Drohnen und Raketen,
Hörte ich immer noch die Warnsignale,
Fürchte immer noch die Verluste und den Schmerz der F16,
Als das Leben durch Luftangriffe starb
Die Dunkelheit bedeckte frech das Tageslicht
Die Augen der Welt wurden vollständig blind
Unter den Trümmern musste ich sehen
Einen sicheren Ort, zu dem ich fliehen konnte,
Also ging ich die unbekannte Straße entlang
Ich brauchte Licht, um meine Last zu tragen
Aber das Licht ist weit am Ende des Weges
Und die Vergangenheit stolpert meine Füße weg
Soll ich aufhören, zurückkehren oder schnell weitergehen
Ein wenig Hoffnung, die bleibt
Um meine Flügel auszubreiten und ohne Grenzen zu fliegen
Den Rest des Lebens ohne den Titel ‚Flüchtling‘ zu leben!

Text & Bild: Rettet Gaza

3 Kommentare

  1. Dr. Peter Krause

    // am:

    Lieber Herr Reinhardt,

    haben Sie vielen Dank für die Informationen bzgl. der Äußerungen Ami Ayalon. Diese machen sehr anschaulich, dass es auf der israelischen Seite vielfältige und durchaus regierungskritische Stimmen gibt. Damit wird erneut gezeigt, dass Israel eine pluralistische Gesellschaft ist, in der sogar ehemalige Offiziere die eigene Regierung kritisieren.
    Eine Frage:
    Gibt es auch wichtige Stimmen aus den Reihen „der“ Palästinenser oder gar des Irans, die das Vorgehen der eigenen Führer bzw. der eigenen Regierung kritisieren? Und dürfen sich diese Personen im Iran und in Gaza auch so frei äußern wie dies in Israel möglich ist?

    Für etwaige Hinweise wäre ich dankbar und würde mich darüber freuen.

    Mit den allerbesten Grüßen
    Peter Krause

  2. Christina Herbert-Fischer

    // am:

    Toxische Führungsqualitäten trifft es sehr genau. Es bleibt zu hoffen, dass es den Bürgern Israels gelingt sich ihrer derzeitigen Regierung zu entledigen. Das Gleiche gilt für die Menschen im Gazastreifen, dass es ihnen gelingt sich der Hamas und Konsorten zu entledigen. Die Nakba- Erzählung ist dabei keine Hilfe. Die Opfer im Gazastreifen sind das auch nicht und dafür ist Israel verantwortlich, wenn auch nicht allein. Einen guten Teil der Verantwortung trägt die Hamas.

  3. Helmut Reinhardt

    // am:

    Ami Ayalon, ehemaliger Leiter des Shin Bet am 24. Juni im Interview mit dem US-Sender CNN:
    „Wenn wir die Besatzung nicht beenden, werden wir keine Sicherheit haben“, warnt Ami Ayalon, ehemaliger Leiter des Shin Bet, „und wenn wir die Besatzung nicht beenden, werden wir keine Demokratie haben.“

    In einem außerordentlich offenen Interview verurteilt Israels ehemaliger Chef der inneren Sicherheit die, wie er es nennt, „toxischen Führungsqualitäten“ von Premierminister Netanjahu und argumentiert, dass wir mit der Fortsetzung des Krieges „unsere Identität als Volk, als Juden und als menschliche Wesen verlieren“.
    Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)

    Original:
    “If we shall not end the occupation, we shall not have security,” warns Ami Ayalon, former head of Shin Bet, “and if we shall not end this occupation, we shall not have democracy.”

    In an extraordinarily candid interview, Israel’s former internal security chief condemns what he calls Prime Minister Netanyahu’s “toxic leadership,” and argues that as the war continues, “we are losing our identity as people, as Jews, and as human beings.”
    https://x.com/amanpour/status/1805295431355973645
    https://edition.cnn.com/2024/06/24/tv/video/amanpour-ami-ayalon

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