Wahlkampfstand Die Linke, 14.05.2024 © H. Reile

Gassenfreitag in der Niederburg: Linke unerwünscht

9 Kommentare

Wahlkampfstand Linke, 14.05.2024 © H. Reile

Der Gassenfreitag erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit. Da wird getrunken und geschunkelt, oft in qualvoller Enge. Bislang fand man in den engen Gassen auch immer wieder Infostände von politischen Initiativen. Auch die Konstanzer Linken wollten sich da einreihen, wurden aber brüsk vom Veranstalter des Platzes verwiesen.

Hier die Beschwerde der Linken in leicht gekürzter Form.

(…) So kamen wir als Partei Die Linke Konstanz (wie auch FGL/Grüne und das Junge Forum Konstanz) auf die Idee, beim Verein Niederburg Vital e.V. hinsichtlich einer Standbeteiligung nachzufragen. In unserem Fall, ob man denn mit dem eigenen Wahlkampfrad partizipieren könne. Denn auf dem gut besuchten Gassenfreitag, so unsere Logik, kann man entspannte Gespräche mit der ein oder anderen Person in Feierlaune führen. Zu unserer Schande müssen wir einräumen, dass wir die Anfrage mit rund einer Woche Vorlaufzeit vor dem vergangenen Gassenfreitag vom 3. Mai 2024 recht knapp stellten und mit dem Absagegrund „zu spät angefragt“ rechneten.

Die Antwort durch den Niederburg-Vital-e.V.-Vorstand beinhaltete jedoch, dass der Gassenfreitag „eine unpolitische Veranstaltung“ sei und dies auch bleiben solle. Wie dieser Anspruch mit dem ausgewiesenen „SPD Hock“ unter dem Link https://www.niederburg-vital.de/gassenfreitag vereinbar ist, welcher den Niederburg Vital e.V. lauf Webauftritt sponsert, war leider nicht Gegenstand des elektronischen Briefwechsels.

Als Linke beschlossen wir, der Bitte des Herrn Vorstands nicht zu folgen und platzierten unser Lastenrad gegen 19 Uhr am Gassenfreitag zunächst in der Gerichtsgasse. Es dauerte keine 20 Minuten, da lief er uns auch sogleich in die Arme, um uns drei unartigen Kindern auf die Finger zu klopfen: Er wolle, dass der Gassenfreitag „sauber“ und „unpolitisch“ bleibe. Von uns auf den „SPD Hock“ angesprochen, lautete es nur, dass die SPD keinen Wahlkampf auf dem Gassenfreitag betreibe und dass der organisierende ehemalige SPD-Stadtrat sich mit personeller sowie finanzieller Unterstützung am Vereinsleben sowie der Ausrichtung des Fests beteilige.

Ob diese Aussage des unpolitischen Feierns inklusive eines „SPD Hocks“ mit den Social-Media-Auftritten der Sozialdemokrat:innen haltbar ist, die sich in Wahlkampfzeiten für die gemeinsame Feierei mit den Anwesenden bedankten (und auch wohl im Anschluss an den kommenden Freitag am 7.6. wieder bedanken werden), bleibt genauso das Geheimnis des Niederburg-Vital-Vorstands. Überhaupt: Würden Sie als parteipolitisch aktive Person die Titulierung ihres Schaffens mit „unpolitisch“ als Kompliment auffassen?

So beschlossen die anwesenden Linken sodann an dem Abend, den Niederburg-Vital e.V. nicht mit linksradikalen Themen wie „zu hohe Mieten“ und „mehr Bus und Bahn“ zu überfordern und verdingten sich anderweitig, (…) um vor dem St.-Johann Gründerschiff Wahlkampfstände von FGL/Grünen sowie des Jungen Forums Konstanz (JFK) zu erblicken. Scheinbar, so fanden wir in Gesprächen mit einigen Grünen heraus, griff hier der Verweis auf die SPD. ‚Mist, hätten wir das doch in unserem E-Mail-Verkehr direkt erwähnt‘, denkt man sich so im Nachhinein.

Jedenfalls möchten wir unsere Mitstreiter:innen/politischen Kontrahent:innen von FGL und JFK an dieser Stelle noch einmal eindringlich warnen: Dass ihr teilnehmen dürft, stellt euch womöglich einen Persilschein auf eure unpolitische Haltung aus. Indizien für etwaige und undurchsichtige Willkür des Vereins Niederburg Vital e.V., wer genehm ist und wer nicht, vermögen wir als Linke in diesem Zusammenhang allerdings nicht zu erkennen.

Wegducken bei kritischen Nachfragen

Mit der Gesamtsituation und den oben geschilderten Beobachtungen konfrontierten wir Niederburg Vital in einer E-Mail, die wir am 12. Mai (…) an den Verein verschickten. Nachdem die ursprüngliche Absage an uns sehr prompt kam, scheint der Vorstand des Vereins seit Erhalt unserer Rückfragen wie vom Erdboden verschluckt. Auch eine Erinnerungsmail mit großzügig gesetzter Antwortfrist blieb bis dato unbeantwortet.

Natürlich, das streiten wir nicht ab, besaßen die Fragen bereits eine gewisse Schärfe, da wir finden, dass es ein G‘schmäckle hat, wenn eine Veranstaltung im Umkehrschluss als „unsauber“ verstanden würde, wenn wir mit von der Partie wären. Ob der Herr Vorstand an das alte, verstaubte, rechtsoffene Bild der linken „Schmuddelkinder“ dachte, als er sich zu seinen Worten hinreißen ließ, entzieht sich unserer Kenntnis. Weit entfernt davon war der Zungenschlag jedenfalls nicht.

Bündnis für gerechten Welthandel unpolitisch ausgeladen

Selbst das parteipolitisch unverdächtige Konstanzer „Bündnis für gerechten Welthandel“ – seit Sommer 2015 nahezu bei jedem Gassenfreitag vertreten, wurde jüngst vom Gassenfreitag verbannt. Ganz nebenbei beweist dies, dass in der Vergangenheit die Gassenfreitage durchaus eine politische Note hatten. Schon historisch ist daher die Behauptung, der Gassenfreitag sei unpolitisch, durchaus falsch.

Da muss die Frage erlaubt sein, ob und seit wann der Niederburg Vital e.V. unbequemere Themen an besagten Freitagen als Störung des niederen Burgfriedens betrachtet. Wir als Linke empfinden – immer die nötige Contenance vorausgesetzt – Bier und Wein in Kombination mit kontroversen Standpunkten jedenfalls von Haus aus als eher erfrischend.

An dieser Stelle ist es uns wert, ein besserwisserisches, linkes Statement zu setzen: Für manche Menschen ist es schwer vorstellbar, dass der Versuch, unpolitisch daherzukommen, ausnahmslos ein politischer Akt ist – denn dass um den Status quo gestritten wird, schafft bereits ein Politikum. Politische Themen sichtbar und unsichtbar zu machen, ist politisch. Die Linke als politisch zu betrachten und die SPD als nicht politisch zu betrachten, ist politisch – und verschweigt ganz nebenbei, dass sozialdemokratische Politik im Guten wie im Schlechten (politisch!) Auswirkungen auf die Geschichte der Bundesrepublik hatte.

Linke Konstanz gesprächsbereit

Letztlich möchten wir von Seiten der Linken Konstanz festhalten: Es tut uns leid, dass wir uns gezwungen sehen, diesen Strauß öffentlich ausfechten zu müssen, da offenbar darauf gesetzt wurde, dass die Sache unter den Tisch fällt. Und bei aller Ironie, die der oben geschilderte Sachverhalt enthalten mag, um unseren Standpunk möglichst bildhaft zu verdeutlichen: Den Verantwortlichen des Vereins Niederburg Vital e.V., deren menschenzusammenbringende Arbeit wir ansonsten sehr hoch einschätzen, steht weiterhin der Weg offen, uns per E-Mail oder telefonisch zu kontaktieren. Auf Augenhöhe, sauber und politisch.

Autor: Ryk Fechner, Kreisschatzmeister der Partei Die Linke Konstanz; Bild: H. Reile. Die Aufnahme zeigt einen beräderten und politischen Wahlkampfstand der Linken

9 Kommentare

  1. Juri Buchmüller

    // am:

    Für das Protokoll:

    Das Junge Forum Konstanz e.V. kam nie „auf die Idee, beim Verein Niederburg Vital e.V. hinsichtlich einer Standbeteiligung nachzufragen“. Zu keinem Zeitpunkt gab es einen dahingehenden Kontakt zwischen uns und dem Veranstalter des Gassenfreitags.

  2. Sonja Hasemann

    // am:

    Die Satzung des Vereins enthält lediglich Aktivitäten zur Förderung der Niederburg und de Gemeinschaft. „Die Vereinsmitglieder werden Niederburg Vital unterstützen und das Erscheinungsbild des Vereins positiv mitprägen.“ Wenn man ein Mitglied/Sponsor hat, der einen „SPD-Hock“ veranstaltet, dann kann man entsprechende Aktivitäten anderen nicht untersagen. Wenn also das St. Johann Gründerschiff zwei Parteien als Gäste auf seinem Grundstück hat, wird man das nicht beanstanden können. Die Frage ist aber aus meiner Sicht, in wie weit dieser Veranstalter im öffentlichen Raum bestimmen kann, sowieso wenn es sich um ein mobiles Lastenrad handelt, wo sich dieses aufhalten darf. Ein Platzverweis ist nur aus Sicherheitsgründen und nur durch die Polizei zulässig. Besteht hier der Verdacht der Amtsanmaßung? In wessen Namen spricht der Vorstand, wenn er ggf. ohne Beschluss handelt? Das ist schon eine kleine Provinzposse und fördert nicht das Erscheinungsbild des Vereins.

  3. Peer Mennecke

    // am:

    Diese Provinzposse passt leider zum derzeitigen Zustand der SPD und wird ihr und uns noch viel mehr schaden, als es sich die lokalen Protagonisten und Verantwortlichen dieser Partei vorzustellen im Stande sind. Ganz traurig und vor allem sehr wenig souverän. Warum nur macht die SPD gerade alles falsch? Sie stärkt doch mit solchen Aktionen nur die Verdrossenheit der Protestwähler. Die keiner haben will.

  4. Dr. Peter Krause

    // am:

    Bei allem Respekt:
    Irgendwie erscheint mir der ganze Vorgang irgendwie etwas kleinkariert. Man sollte doch froh sein, wenn sich Bürger politisch engagieren und bereit sind, ihre politischen Forderungen und Positionen auch im Rahmen eines Straßenfestes öffentlich zur Diskussion zu stellen – vor allem im Vorfeld von mehreren Wahlen!

    Was die Lautstärke der Musikgruppen angeht, so wäre ich hier hingegen eher streng – aber das aus leidvoller eigener Erfahrung als ehemaliger Bewohner der Niederburg, der jeden Gassenfreitag etwas gelitten hat. ;-)

  5. Adolf Stoll

    // am:

    Danke Frau Bäuerle, für Ihre Freundlichkeit.

  6. Jürgen Leipold

    // am:

    Dass ich beim Gassenfreitag „feiern darf und soll“? Danke, Markus Nabholz, für Erlaubnis und Befehl. Als der Verein vor vielen Jahren den Gassenfreitag erfand, war keinesfalls gewiss, dass diese Idee Erfolg haben würde. Meine Frau und ich fanden, die Idee verdient es, unterstützt zu werden -mit einem eigenen Beitrag. Von Anfang an war klar: Es geht dabei nicht um eine Leipold‘sche Privatveranstaltung. Dass der beträchtliche organisatorische Aufwand von SPD-Mitgliedern geleistet wurde und wird, wollten wir nicht verstecken. Warum auch? Deshalb steht an dem Stand auch ein SPD-Schirm (Achtung: Werbung!). Dass nach vielen Jahren und an die hundert oder mehr Gassenfreitagen (und die attraktiver denn je sind) jetzt in trauter Eintracht Linke („Wir wollen auch“) und CDU-Nabholz (wir wollen zwar nicht, aber dann sollen andere auch nicht) und das kurz vor der Gemeinderatswahl, das ist doch sicher Zufall. Oder?
    Jürgen Leipold

  7. Friedel Bäuerle

    // am:

    Nicht mehr deins, Adolf Stoll? Dann bleib weg.

  8. Markus Nabholz

    // am:

    Blöde Reaktion des Vereins Niederburg Vital e.V. ! Dass nur die SPD dort feiern darf, ist nicht in Ordnung. Natürlich wohnt in der Tulengasse ein SPDler und er darf und soll dort auch feiern, aber bitte ohne Parteiwerbung.

  9. Adolf Stoll

    // am:

    Irgendwie schon komisch, was da abläuft.
    The Radio Colours mussten ihre Rockmusik zur Unkenntlichkeit leiser drehen, die Linke wird verwiesen. Ist das Konstanzer Kultur? Hauptsache unpolitisch und viel Mammon.
    Nicht mehr Meins

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