Am 15. Mai zogen rund 250 Konstanzer:innen vom Herosé-Park zur Marktstätte, um der Nakba zu gedenken und gegen den aktuellen Krieg im Gaza zu demonstrieren. Traditionell erinnern Palästinenser:innen am 15. Mai an ihre Vertreibung im Jahr 1948; vor den aktuellen Hintergründen fanden in diesem Jahr zahlreiche, teils auch umstrittene Gedenkveranstaltungen statt. So auch in Konstanz.
Die Organisation Rettet Gaza Konstanz wählte ein außergewöhnliches Format, um für die Demo aufzurufen: Sie wandten sich an Künstler:innen, die am vorletzten Wochenende beim Campusfest in Konstanz auftraten. Drei Künstler:innen bezogen Stellung zum aktuellen Krieg im Gaza, zwei riefen dazu auf, die Demo in Konstanz zu besuchen. So der Rapper Pashanim: „Wir wollen Freiheit für Palästina! Freiheit für alle unterdrückten Völker! Am 15. Mai gibt es eine Demo in Konstanz; informiert euch. Geht dahin; macht das! Ich küsse eure Augen, danke!“
Aus dem Publikum folgten „Free Palestine”-Rufe und Info-Flyer flogen in die Menge. Im Folgenden veröffentlichen wir die Pressemitteilung zur Demonstration von Rettet Gaza Konstanz.
Nakba, die Katastrophe
„Free, free Palestine“, zu deutsch „Befreit Palästina“, war am vergangenen Mittwoch häufig in der Konstanzer Innenstadt zu hören. Rund 250 Menschen waren dem Aufruf des Bündnisses „Rettet Gaza“ gefolgt und marschierten anlässlich des Nakba-Tags vom Herosé-Park zur Marktstätte; auf ihren Bannern war zu lesen: „Stoppt den Völkermord“.
Zu Beginn der Demo gingen Redner:innen auf verschiedene Facetten der Nakba ein.
Die Nakba, arabisch für Katastrophe, bezeichnet die gewaltsame ethnische Säuberung der Palästinenser:innen durch bewaffnete israelische Truppen, insbesondere im Jahr 1948. Damals wurden etwa eine Dreiviertel Millionen Palästinenser, circa 75 Prozent der damaligen palästinensischen Bevölkerung, vertrieben; Tausende starben. Über 500 Dörfer wurden zerstört.
„Wer der Nakba gedenkt, versteht, dass nicht religiöser Hass, dass nicht Antisemitismus der Kern der Gewalt ist, sondern eine koloniale Siedlungsideologie“, so die Organisator:innen von Rettet Gaza und betonten: „Die Katastrophe von 1948 hörte niemals auf.“ Vor und nach 1948 wurden jeweils mehrere hunderttausend Menschen vertrieben. Alleine im Jahr 2024 wurden in der West Bank etwa 500 Menschen ermordet und Tausende vertrieben. Zeitgleich finde im Gaza-Streifen, in den viele der Menschen damals flüchteten, ein Völkermord statt.
In den vergangenen Monaten sind über 100.000 Menschen, etwa fünf Prozent der Bevölkerung im Gaza-Streifen, getötet oder verletzt worden. Viele haben schwere Verletzungen, die im nahezu vollständig zerstörten Gesundheitssystem nicht behandelt werden können.
Eine Gegendemo
„Hochrangige israelische Funktionäre haben in den letzten Monaten immer wieder erklärt, dass es ihr bevorzugtes Ziel ist, die Bewohner des Gazastreifens in die Sinai-Wüste zu treiben oder die Bevölkerung anderweitig auszudünnen“, sagte Khalid Kashmiri von Rettet Gaza. „Der Angriff auf Rafah ist die nächste Stufe in diesem Plan.“ Die Bombardierung und Vertreibung der Bevölkerung Gazas sowie die zahlreichen Überfälle in der Westbank sei die erschreckende Fortsetzung der Nakba, erläuterte er.
Als der laute Protestzug die Marktstätte erreichte, fand er sich einer kleinen Gegenveranstaltung gegenüber; etwa 15 Demonstrierende standen am anderen Ende der Marktstätte und hielten ein Transparent mit der Aufschrift „Bring them home!“ („Holt sie heim“). In einem kurzen Redebeitrag erweiterte Rettet Gaza die Parole: „Alle Geiseln müssen frei gelassen werden, die Geiseln der Hamas und die über tausend Geiseln, die in israelischer Administrativhaft sitzen, ohne je einen Prozess bekommen zu haben und die Kinder, die vor ein Militärgericht gestellt werden“, so Vincent Trötschel von Rettet Gaza. Es folgte Applaus und „Bring them home!“-Rufe wurden angestimmt.
Auch auf die Frage, wie eine Lösung jenseits des Endes des Völkermords aussehen könnte, gaben die Veranstalter:innen Antwort.
„Ein sofortiger Waffenstillstand ist unerlässlich. Für eine dauerhafte Friedenslösung muss Israel das Recht auf Rückkehr anerkennen, das Land gerecht verteilen und allen Bewohner:innen des historischen Palästinas gleiche Rechte gewähren“, sagte Huria AM. Ein nachhaltiger Frieden sei nur durch einen Dekolonialisierungsprozess möglich. Einen solchen Prozess hätten aber viele ehemalige Kolonien erfolgreich durchlaufen, fasste sie die Kernprobleme des langwährenden Konflikts zusammen und ergänzte: „Vor der Nakba haben Juden, Christen und Muslime gemeinsam in Frieden in Palästina gelebt. Wenn Apartheid und Besatzung ein Ende finden, allen Menschen gleiche Rechte zugesprochen und die materiellen Bedingungen ausgeglichen werden, dann kann dieser Konflikt gelöst werden. Anders nicht.“
Text: MM / Foto: Daniel O.
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