Am 14. Mai präsentiert der Südkurier im Stadttheater Kandidat:innen, die sich um einen Sitz im Konstanzer Stadtparlament bemühen. Neben den bekannten Parteien und Wählergemeinschaften tritt auch die frisch gegründete Initiative KN Kommt (Konstanzer Bündnis für Kommunale Mitbestimmung und Transparenz) an. Deren Vertreter:innen werfen allerdings mehrere Fragen auf.
Für die Vorstellung der Kandidat:innen hat sich der Südkurier ein neues Format ausgedacht. Von den mittlerweile acht antretenden Gruppierungen werden Bewerber:innen auf die Bühne gebeten, die bislang nicht im Gemeinderat vertreten sind, und zwar diejenigen mit dem obersten Platz auf der jeweiligen Liste.
Eigentlich eine gute Idee.
Geladen für den kommenden Dienstag sind somit: Sabine Feist (CDU), Manfred Hensler (FDP), Lisa Kreitmeier (FGL), Sonali Mhalas-Bartels (Freie Wähler), Wolfgang Moßmann (Linke Liste Konstanz), Petra Rietzler (SPD), Swetlana Wiedenbeck (Junges Forum) und Michael Blümm (KN.KOMM.MT).
Politiker „entsorgen“
Blümm, Betreiber eines Konstanzer Tanzstudios, ist Spitzenkandidat seiner Liste, die erstmals mit vier Kandidat:innen antritt und auch für die Kreistagswahlen kandidiert. Auf einem Flyer dieses Bündnisses ist über ihn zu lesen: „Echter Sozialdemokrat: Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit für alle“. Doch mit diesen hehren Ansprüchen scheint es nicht allzu weit her zu sein, denn bekannt ist, dass Blümm laut Südkurier-Recherche Mitte März auf Facebook vom „verlogenen Pack der AltParteien“ schwadronierte und dazu aufrief: „Die Bevölkerung sollte dieses Pack bei der nächsten Wahl komplett entsorgen“. Starker Tobak, den das angeblich sozialdemokratische Urgestein da absondert. Man sollte ihn bei der kommenden Debatte im Theater u.a. fragen, wie er sich eine „Entsorgung“ des Politiker-„Packs“ konkret vorstellt.
Kein Anschluss unter dieser Nummer
Eine Kontaktaufnahme mit Michael Blümm gestaltet sich schwierig. Die seemoz-Redaktion hat ihn vor Wochen per Mail um Auskunft über seine kommunalpolitischen Ziele gebeten und ihm dazu einige Fragen gestellt. Doch der Tänzer stellt sich taub und verweigert jede Antwort. Ähnlich verhält es sich mit Daniel Niedzwetzki, der ebenfalls auf der KN Kommt-Liste kandidiert. Ein schillernder Zeitgenosse, der sich als „Coach und Berater für psychologische Schattenarbeit“ durchs Leben schlägt und sich im rechten Milieu eingenistet hat. Niedzwetzki, nebenberuflich Heilpraktiker und ganzheitlicher Ernährungsberater, wird als freier Mitarbeiter beim Schweizer Internet-Fernsehsender Hoch2 geführt, der sich, so die Züricher Wochenzeitung WOZ, überwiegend auf ein „verschwörungsaffines Publikum“ ausrichtet. Doch damit nicht genug: Auch beim rechtskonservativen Schweizer Online-Magazin „Die Freien“ ist Niedzwetzki aktiv und dort verantwortlich im Bereich der sozialen Medien.
Komplettiert wird die Liste KN Kommt durch Katja Wosiewicz, die vergangenes Jahr bei der Bürgermeisterwahl in Tengen antrat und sich dort gerne als „Menschenversteherin“ vorstellte. Im ersten Wahlgang erreichte sie knapp 8 Prozent der Stimmen, auf einen zweiten Wahlgang verzichtete sie und verschwand von der kommunalpolitischen Bildfläche. Bleibt noch der vierte KN Kommt-Kandidat Frank Hinkelmann. Er gilt als heimlicher Strippenzieher dieser Liste und organisiert seit Jahren den Protest der örtlichen Querdenker-Szene.
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Ist das nicht eine geile Combo, die sich um ein Mandat im Konstanzer Gemeinderat bewirbt? Ein Tanzlehrer mit ausgeprägtem Hang zu AfD-Sprech – ein irrlichternder psychologischer „Schattenarbeiter“ aus der rechten Esoterik-Ecke – eine selbsternannte „Menschenversteherin“ – und dazu der Leithammel der Konstanzer Corona-Schwurbler. Fehlt eigentlich nur noch der Motorradmechaniker und mehrfach ausgezeichnete Verschwörungshysteriker Gerry Mayr, aber den wollten Blümm und seine Mitstreiter wohl nicht dabeihaben, obwohl Mayr für das neue Bündnis kräftig geworben hat. Sollte es tatsächlich für einen Sitz im ehrwürdigen Konstanzer Rathaus reichen, was nicht völlig ausgeschlossen ist, stellt sich also die Frage, wer dann den wirren Pausenclown gibt und das kommunalpolitische Geläuf belebt. Spätestens am 9. Juni wissen wir mehr.
Text: H. Reile, Bild: JoachimKohlerBremen. This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.
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