Stromnetz Konstanz Baustelle Weiherhof 24 03 31 © Stadtwerke

Die Stadtwerke rüsten auf: Stromnetze für den Klimaschutz

Ein Kommentar

Stromnetz Konstanz Baustelle Weiherhof 24 03 31 © Stadtwerke
Baustelle Weiherhof

Für die Energiewende müssen die Stadtwerke das Stromnetz in Konstanz ausbauen. Rund 150 Millionen Euro werden dafür veranschlagt. Über die Netzentgelte werden diese Kosten dann in den kommenden Jahren auf die Verbraucher:innen umgelegt.

Wie sollen künftig jene Menschen heizen, die außerhalb der für die Wärmenetze vorgesehenen Gebiete leben? Hier lieferte die Veranstaltung im Bodenseeforum keine befriedigenden Antworten. Larissa Häge, Energieberaterin der Stadtwerke, verlor sich in Allgemeinplätzen, nämlich dem Hinweis auf kostenfreie Grundberatung und das Für und Wider künftig noch erlaubter Wärmegewinnung, als da sind: Pellet- und Hackschnitzelheizungen oder Erdsonden- und Luftwärmepumpen.

Mittlerweile gibt es auch erschwingliche Hochtemperatur-Wärmepumpen, welche die in ungedämmten Altbauten an kalten Wintertagen notwendige Vorlauftemperatur von mehr als 60 Grad Celsius erzeugen können. Die Bewohner:innen etwa der großen Blocks an der Schwaketenstraße oder am Briel müssen deshalb nicht fürchten, künftig frieren zu müssen.

Allerdings brauchen Hochtemperatur-Wärmepumpen ziemlich viel Strom. Mit niedrigeren Heizkosten ist da nicht zu rechnen – und zwar auch dann nicht, wenn eine Photovoltaikanlage die Wärmepumpe betreibt. Im Januar bei niedrigem Sonnenstand und vielen trüben Tagen liefert die Photovoltaik weniger als ein Zehntel des in einem sonnigen Sommermonat produzierten Stroms.

Mehr Strom für Wärmepumpen und E-Autos

So sind einmal mehr die Stadtwerke gefragt. Nicht nur für die Wärmepumpen muss das Stromnetz ausgebaut werden. Auch das Laden von immer mehr Elektrofahrzeugen erfordert zusätzliche Energie. Der Strombedarf wird also steigen. Eine Studie prognostiziert für Konstanz irgendwann zwischen 2035 und 2045 eine Spitzenlast von 150 Megawatt – das ist dreimal so viel wie die aktuelle Lastspitze.

„Gleichzeitig sollen die Stromnetze aber auch die zunehmenden dezentralen Stromeinspeisungen über Photovoltaikanlagen aufnehmen und transportieren können“, weiß Michael Müller, Leiter des Geschäftsbereichs Energienetze und Prokurist der Stadtwerke. „Deshalb müssen wir die Netze in den kommenden Jahren ertüchtigen und erweitern.“ Je nach Szenario müssen bis 2045 zwischen 40 und 80 Kilometer zusätzliche Stromkabel verlegt werden. Dazu kommen neue Umspannwerke und Transformatoren.

Neue Umspannwerke und Transformatoren

Die Umspannwerke Tägerwilen, Ergatshausen und Weiherhof (auf dem Gelände der Stadtwerke) sind sozusagen die Empfangsstationen des aus dem Thurgau und von Stockach über Freileitungen nach Konstanz gelieferten Stroms. Sie transformieren die ankommende 110 kV-Hochspannung auf 20 kV-Mittelspannung herunter, mit der der Strom dann über Erdkabel zu den vielen über die Stadt verteilten Trafohäuschen gebracht wird.

Aktuell wird das Umspannwerk Weiherhof neu gebaut. Statt bislang einen erhält es künftig zwei Transformatoren, beide leistungsstärker als ihr Vorgänger. Künftig sollen auch die Werke Tägerwilen und Ergatshausen hochgerüstet und jeweils mit einem zweiten Trafo bestückt werden – nur für den Fall, dass Nummer eins einmal ausfällt. Solche Großtransformatoren mit Spitzenleistung bis 50 Megavoltampere (MVA) kosten mehrere Millionen Euro, haben mehrjährige Lieferzeit und werden heute überwiegend in China hergestellt.

Ein weiteres Umspannwerk steht vor Wollmatingen, nämlich neben der alten Straße zur Waldsiedlung Reichenau. Es gehört jedoch nicht den Stadtwerken, sondern der EnBW-Tochter Netze BW, die damit Reichenau und den Bodanrück versorgt. Deshalb planen die Stadtwerke für Wollmatingen ein zusätzliches Umspannwerk, das auch das Neubaugebiet Hafner versorgen wird. Zudem soll die Freileitung, die auf 19 Stahlgittermasten vom Umspannwerk Wollmatingen durchs Schwaketental zum Pfeifferhölzle läuft, komplett unter die Erde verlegt werden.

Wer muss das bezahlen?

Ein weiterer Brocken ist die Netzertüchtigung im Niederspannungsbereich. Dieses Netz muss den erhöhten Strombedarf der Endverbraucher einerseits und, in die Gegenrichtung, die von den PV-Anlagen eingespeiste Energie transportieren. Hier werden die Transformatoren in den Trafostationen sukzessive erneuert und in ihrer Leistung hochgerüstet werden müssen.

Das alles kostet viel Geld. „Wir rechnen damit, das wir mindestens 120, eher 150 Millionen Euro werden investieren müssen“, meint Michael Müller. Zahlen müssen das über die Netzentgelte letztlich die Stromkund:innen. Müller schätzt, dass auf jeden Endverbrauchenden 3000 bis 4000 Euro zukommen werden. Die Energiewende hat ihren Preis!

Konstanzer Strom aus der Schweiz

Am 9. April 1908 lieferte das städtische Elektrizitätswerk erstmals Strom in die Stadt und erleuchtete bald auch Straßen und Plätze. Wurde der Strom anfangs noch mit einer kohlebefeuerten Turbine erzeugt, erfolgte bereits 1913 der Anschluss ans Schweizer Stromnetz. Über fünfzig Jahre kam ausschließlich Schweizer Strom aus Konstanzer Steckdosen, erst 1964 erfolgte der Anschluss ans deutsche Netz.

Da die Konstanzer Stadtwerke Kreuzlingen und die Schweizer Unterseegemeinden mit Gas versorgten, wurde im Gegenzug die Stromlieferung aus der Schweiz über alle Kriegs- und Krisenzeiten hinweg aufrecht erhalten. Das Umspannwerk Tägerwilen ist heute das einzige deutsche Umspannwerk auf Schweizer Boden.

Lesetipp: Konstanz unter Strom. Zum 100-jährigen Bestehen des Elektrizitätswerkes Konstanz. Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz 9. UVK, Konstanz 2008

Text: Ralph-Raymond Braun / Fotos: Stadtwerke (oben) und Ralph-Raymond Braun

Ein Kommentar

  1. Gunder Haschker

    // am:

    3000 – 4000 EUR pro Endverbraucher, auch wenn er von all den Maßnahmen nichts nutzt. Da freut sich jeder Mieter, Rentner und Minijobber. Ich dachte immer, die sogenannte „Energiewende“ (also hin zu Sonne, Wind und Wärmepumpen) soll zu Einsparungen bei der Energieerzeugung führen, dem ist wohl nicht so. Das dann „saubere“ Konstanz verlagert den CO2-Ausstoß nur woanders hin, soll man doch dort damit fertig werden. Wie war das doch bei E-Autos? Ein Schelm wer Arges dabei denkt. Das Ganze ist eine einzige Augenauswischerei zulasten Anderer. So kann man keinem Klimawandel ernsthaft begegnen!

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