Während Politiker*innen das christliche Abendland und seine angebliche moralische Überlegenheit hochleben lassen, versuchen einige aufrechte Menschen, endlich mit der Aufklärung zu beginnen und Staat und Religion zu trennen. Deutschlands bekanntester Vorkämpfer für die Freiheit von der Religion, Michael Schmidt-Salomon, liest am Samstag in Konstanz aus seinem neusten Buch.
Angeblich veredelt er ja den Menschen, macht ihn hilfreich und gut: Der Glaube, zumal wenn er der richtige ist. Da mag ein laues Lüftchen den Qualm der Scheiterhaufen vorbeiwehen, da mögen Geistliche jahrhundertelang Kinder prügeln und vergewaltigen, da mag die Kirche erst bei den Massenmorden der Nazis wegschauen und anschließend die übelsten Nazi-Verbrecher in ein sicheres Exil schmuggeln. Es hilft alles nichts: Viele Menschen sind noch immer der längst widerlegten Meinung, Religion sei „eigentlich“ gut oder bewirke zumindest viel Gutes. Selbst der sonst oft so knauserige Staat schaufelt bekanntlich die Steuergelder aller Menschen, selbst jene der Un- und Falschgläubigen, großzügig in die Christensäckel, denn „Gott hat hohe Nebenkosten“ (Eva Müller).
Wissenschaft contra Religion
Gegen diesen Wahnsinn treten in Deutschland, wo der eiserne Arm der Christen bis tief ins Parlament reicht, nur wenige an, und so werden die Kirchen zwar erfreulicherweise immer leerer, aber der Einfluss und die Kassen der Kirchenoberen schrumpfen noch lange nicht in wünschenswertem Maße.
Gegen all diese Erscheinungen, die man eher im angeblich finsteren Mittelalter vermuten würde, engagiert sich die Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), die sich ein an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiertes Weltbild sowie Selbstbestimmung, Freiheit und soziale Gerechtigkeit aufs Panier geschrieben hat. „Evolutionärer Humanismus“ nennt sie das, die den Namen jenes Philosophen und Forschers angenommen hat, der nach einem langen Inquisitionsverfahren am 17. Februar 1600 in Rom verbrannt wurde.
Eine elegante Hypothese
Die GBS ist der verlängerte Arm einer Aufklärung, deren Beginn zwar schon vor langer Zeit – etwa von Kant und Voltaire – verkündet wurde, die aber bis heute noch nicht richtig in Gang gekommen ist. Sie kritisiert alle Religiosität, nicht nur die christliche, will den irrationalen Glauben durch vernunftbasierte Erkenntnisse ersetzen und verspricht am Ende „Heidenspaß statt Höllenqual“. Der evolutionäre Humanismus vertritt nach eigenen Angaben „(bis zum Beweis des Gegenteils!) die ‚elegante‘ Hypothese, dass es im Universum ‚mit rechten Dingen‘ zugeht, dass also weder Götter noch Dämonen, weder Hexen noch Kobolde in die Naturgesetze eingreifen“.
Das bekannteste Gesicht dieser Bewegung ist der streitbare Publizist Michael Schmidt-Salomon, der in der Presse gern auch mal als „Deutschlands Chef-Atheist“ bezeichnet wird. In seinem aktuellen Buch „Die Evolution des Denkens: Das moderne Weltbild – und wem wir es verdanken“ porträtiert der promovierte Philosoph 10 wichtige Denker*innen, die unsere westliche Geisteswelt mitgeprägt haben: Von Epikur über Marx, Nietzsche, Darwin, Einstein und Marie Curie bis hin zu Alfred Wegener, Carl Sagan, Karl Popper und Julian Huxley geht die Reise.
„Es ging mir in dem Buch nicht darum“, so der Autor, „eine Liste der ‚10 größten Genies der Menschheit‘ zu präsentieren. Eine solche Liste sähe wohl von Kultur zu Kultur unterschiedlich aus. Mein Ziel war es vielmehr, ein Team zusammenzustellen, das uns dabei helfen kann, die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Im Grunde war meine Aufgabe als Autor vergleichbar mit der eines Fußballtrainers, der nicht unbedingt die genialsten Einzelspieler nominiert, sondern diejenigen, die auf dem Platz am besten miteinander harmonieren. Mag sein, dass ein anderer ‚Trainer‘ eine etwas andere Mannschaft für das ‚Anthropozän-Turnier‘ aufgestellt hätte, aber ich denke, dass diese ‚Weltauswahl‘ nur schwer zu schlagen wäre …“
Was: Michael Schmidt-Salomon präsentiert sein neues Buch „Die Evolution des Denkens“.
Wann: Samstag, 09.03.2024, um 15 Uhr.
Wo: Bürgersaal Konstanz, Sankt-Stephans-Platz 17, 78462 Konstanz.
Wer: Eine Veranstaltung der GBS Bodensee e.V.
Text: MM, O. Pugliese, Bilder: oben von Pexels auf Pixabay, unten von Udo Ungar / Piper Verlag
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