Der 10. Klimaschutzbericht der Stadt Konstanz wurde am 27. Juli 2024 im Amtsblatt veröffentlicht. Bei 61 Einzelmaßnahmen verliert man schnell den Überblick, aber die Tendenz ist klar: Es ist bisher viel zu wenig geschehen. seemoz hat die Konstanzer Gruppe von Fridays for Future um eine Stellungnahme gebeten.
Kurz zusammengefasst: die meisten Maßnahmen sind noch in Planung. Da wo tatsächlich schon was umgesetzt wird, geht es viel zu langsam. Es ist zu erwarten dass die Treibhausgasbilanz am Ende des Jahres kaum eine Reduktion erkennen lässt und die Schere zwischen tatsächlichem CO2-Ausstoß und geplantem Absenkungspfad weiter auseinanderklafft.
Sanierungsstau
Im Folgenden ein paar Beispiele zur Illustration.
Zu der Maßnahme „G1 Klimaneutraler Gebäudebestand des Hochbauamts bis 2035“ heißt es im Bericht „Aktuelle Maßnahmen in 2023/2024 finden an 4 Gebäuden statt. Weitere Maßnahmen an 9 Gebäuden werden aktuell für 2025 und 2026 geplant.“ Wenn von den 180 städtischen Gebäuden pro Jahr nur 4-5 saniert werden, dauert es insgesamt 36-45 Jahre statt der zur Verfügung stehenden 14 Jahre.
Bei der Maßnahme „K1 Energiesparprojekte in Schulen“ ist wenig Ambition zu erkennen. Zitat: „(2023 keine Aktivität). Die Schulen wurden im 1. Halbjahr [2024, Anmerkung der Redaktion] mit einer Teilnahmeanfrage angeschrieben.“ Wenn die Verantwortlichen meinen, sie hätten genug getan, wenn sie einmal im Halbjahr eine Brief schreiben, dann sieht es zappenduster aus für den Klimaschutz in Konstanz.
Im Handlungsfeld Mobilität ist die Maßnahme „M2 Halbierung der Straßenstellplätze bis 2035“ sicherlich wichtig. Es gibt hier aber einen „Grundsatzbeschluss des Gemeinderats, im linksrheinischen öffentlichen Straßenraum Stellplätze nur dann zu reduzieren, wenn sie kompensiert werden können“. Hierzu steht etwas weiter im Bericht: „Eine Änderung des Grundsatzbeschlusses, Stellplätze kompensieren zu müssen, ist angezeigt“. Die gute Nachricht hier ist, dass die Autoren des Klimaschutzberichts das Problem erkannt haben. Jetzt sind die Gemeinderatsfraktionen gefragt, das Problem zu lösen.
Wärmenetze sind möglich
Die Maßnahme „NEV2 Planung und Bau erneuerbar betriebener Wärmenetze“ ist zentral für die Wärmewende. Hier sind einige Machbarkeitsstudien für ausgewählte Stadteile im Gang. Unerwähnt bleibt im Bericht, dass ein privates Energiewendeunternehmen (Solarcomplex) bereits konkrete Planungen zum Bau eines Wärmenetzes für Dingelsdorf und Wallhausen vorantreibt. Eine großangelegte Machbarkeitsstudie brauchte Solarcomplex dafür nicht. Vorstand Bene Müller sagte dazu auf der Hauptversammlung am 23.7.24, dass, auch wenn es für Solarcomplex ein Novum ist, ein Wärmenetz mit Seewärme zu speisen, man zuversichtlich ist, dass das in Konstanz genauso gut funktioniert wie in Schweizer Gemeinden die diese Wärmequelle bereits nutzen, da die Physik dort ja die gleiche ist wie in Deutschland. Ein solcher Pragmatismus wäre auch für die Stadtwerke wünschenswert.
Eine weitere wesentliche Maßnahme ist „NEV5 Ausbau von Photovoltaikanlagen und Solaroffensive“. Hier werden zwar tatsächlich PV-Anlagen gebaut, aber wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, sind wir noch weit davon entfernt, die notwendige jährliche Leistung von 10MWp zu bauen. Ohne Freiflächen-PV wird das nicht gehen. Bei der Freiflächen-PV ist man aber erst in der Planung.
Zur Erinnerung, warum das alles so wichtig ist: Die Klimakrise schreitet schnell voran. Die im Klimaabkommen von Paris im Jahr 2015 festgelegte Grenze von 1,5° ist schon fast erreicht. Es gibt fast ständig Nachrichten von durch die Klimakrise ausgelösten oder verschärften Naturkatastrophen, aktuell z.B. Waldbrände in Kalifornien. Am Ende sterben Menschen durch die von uns mitverursachte Überhitzung der Erde.
Nach 5 Jahren Klimanotstand und 3 Jahren Klimaschutzstrategie ist es bitter, dass noch nicht mehr erreicht wurde, und es ist klar, dass es sehr schwer wird, in den verbleibenden 11 Jahren bis zum Zieljahr 2035 alles Notwendige umzusetzen. Alle Akteure, Einzelpersonen, Politik, Verwaltung, Firmen, Verbände müssen dringend alles tun, um den Klimaschutz schneller voranzubringen und Menschenleben zu retten.
Text: Klaus Vollmann/Fridays for Future Konstanz, Bild von Ylvers auf Pixabay
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